Sonntag, 10. April 2011

Knopfauge, sei wachsam - Teil 2 - Hallo, mein Name ist Ratte und ich habe ein Problem ...

Hallo, mein Name ist Ratte und ich habe ein Problem ...
Bevor ich mich hier in Beschreibungen unserer Fünf-Sterne-Einrichtung verliere, erzähle ich dir lieber mal etwas von meinen Mitbewohnern. Da wäre zum Beispiel der bereits erwähnte „Fettwanst“, Rem, normalerweise Remmy genannt. Einer unserer beiden Väter, meist äußerst gemütlich und ... ähm ... dem Futter zugetan. Man findet ihn meist in der Nähe von irgendetwas Essbarem – bevorzugt in einer Hängematte liegend mit dem Kopf direkt im Napf. Ich kann schon ein wenig verstehen, warum die Klettertürme ihn gerne ein wenig bespötteln. Sie haben recht – wenn er so daliegt, erinnert er schon etwas an einen unförmigen, weißen Fladen mit Knopfaugen und Schwanz. Aber das liegt sicher in den Genen – Toni wird ja auch mehr und mehr fladenförmig.
Ich schlage wohl eher nach unserem anderen Vater, Ryuk. Zumindest, was die Körperform angeht. Sein ewiges Jammern habe ich glücklicherweise nicht übernommen. Er quietscht schon in den höchsten Tönen, wenn man ihn nur schräg anguckt. Das nervt. Und da mal wieder alle anderen nur wegschauen und sich bemühen, sein Gezeter zu ignorieren, muss ich ran. Desensibilisierung ist das Stichwort. Während die anderen sich bemühen, ihm aus dem Weg zu gehen, folge ich ihm gerne auf Schritt und Tritt und versuche, ihn in das Rudelleben mit einzubinden. Dabei ist mir dann auch wurstepiepegal, ob er gerade Lust darauf hat, oder nicht. Es muss sein. Sonst werde ich irgendwann wirklich noch taub vor lauter Gefiepe.
Mein Bruder Toni, seines Zeichens Husky mit noch ziemlich dunkler grauer Zeichnung, hat die unglaubliche Begabung, sich immer genau in den Weg zu legen. Hat er von Remmy, a.k.a. „Der Korken“. Nur dass Toni sich nicht seinen Mitbewohnern in den Weg legt, nein, das reicht ihm nicht – er hat's drauf, sich ständig unter die Füße der Klettertürme zu schleichen, um zu testen, wie viel er eigentlich aushält. Solche Aktionen enden eigentlich immer mit wütend-erschrockenem Geschimpfe seitens der Klettertürme, die natürlich merken, dass da wer im Weg liegt. So wird Toni nie beweisen, dass er die Ameise unter den Ratten ist, was seine Tragfähigkeit angeht.
Dann wäre da noch Vito. Oder auch: Putzi, das mobile Nagelstudio. Ich bin so was von froh, dass er der Einzige mit Putzfimmel hier ist. Umräumen tun ja auch andere schon mal ganz gerne – aber diese ewige Putzerei ... Nee, soll er sich ruhig an den Klettertürmen austoben, die finden das im wahrsten Sinne des Wortes putzig. Hier oben bei uns beschwert er sich zwar regelmäßig über das herrschende Chaos und mault herum, wie wir uns denn in diesem Dreck hier wohlfühlen können, aber das interessiert uns herzlich wenig. Ist aber lustig anzusehen, wie er irgendwann vor Wut beinahe platzt und herumhüpft wie Rumpelstilzchen, weil keiner auf ihn hören will.
Der Einzelgänger mit Fallsucht unter uns heißt Colin. Ihm geht die Wohngemeinschaft ziemlich auf den Keks, deshalb ist er ständig bemüht, hier wegzukommen. Und wenn der Portier dann mal nicht schnell genug reagiert, fällt Colin auch mal vom Balkon. Keine Sorge, ihm ist bisher nie was passiert – die Pappnase landet ja mehr oder weniger bequem auf dem Schreibtisch des MountMcColin. Da holt er sich dann seine Standpauke ab und landet wieder im Apartment. Wir anderen spekulieren schon immer, ob sein Name etwas mit dem des Kletterturms zu tun hat – aber bisher finden wir kaum Gemeinsamkeiten.
Zu guter Letzt gibt es noch Sammy. Sammy ist ... eigen. Er ist der Intelligenteste unter uns, ständig am Lesen [Anm. der Red.: Rotäugige Ratten pendeln oft mit dem Kopf hin und her, um ihre Sehschwäche auszugleichen. Diese Tiere werden auch Leseratten genannt.] und das Futter ist ihm oft nicht gut genug, weshalb er auch seine schlanke Linie behalten hat. Wenn der MountMcColin sich Sammy schnappt, macht er immer so lustige Geräusche und nennt ihn Grizzly. Ich glaub, der will ihn verarschen. Nicht, dass Sammy sich verarschen ließe. Aber er spart es sich, dem Kletterturm dafür einen Vogel zu zeigen, das würde er sowieso nicht verstehen.
Meine Wenigkeit muss ich wohl nicht mehr vorstellen – ich nutze die Zeit lieber, um dir ein bisschen was aus unserem Alltag zu erzählen.

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